Es geht uns alle an - Berufsschulklasse auf den Spuren der Häftlinge
Von Franz Dreher
Spaichingen – Einen etwas anderen Unterricht hat der pensionierte Gymnasiallehrer Wolfgang Schmid in der Erwin-Teufel-Schule gehalten. Der unermüdliche Mahner und Initiator für den vor einem Jahr ins Leben gerufenen Verein „KZ-Gedenken in Spaichingen“ ergänzte den allgemeinen Geschichtsstoff über das 3. Reich mit lokalen Bezügen. Als erfahrener Pädagoge erfragte Schmid zuerst das teilweise erstaunlich gute Faktenwissen der jungen Berufskollegiaten aus der Klasse 1BK2. Offensichtlich hatte Oberstudienrätin Nadine Hermann die Thematik über die dunkelste deutsche Geschichte schon gut ins Bewusstsein gerückt. Aber wie verschiedene Schülerinnen und Schüler berichteten, sei über dieses Thematik auch schon in den vorher besuchten allgemein bildenden Schulen intensiv gesprochen worden.
Allerdings stellte sich bald heraus, dass die Tatsache, dass es ein unter dem Tarnnamen „Metallwerke Spaichingen“ existierendes KZ-Lager mitten in der Stadt gegeben hat, nicht allen jungen Leuten bekannt war. Einige Jahrzehnte nach dem Krieg hatte man die Erinnerung in der Primstadt an die Lagerbaracken schamhaft verdrängt. Dass die Waffenfabrik „Mauser“ aus Oberndorf am Neckar sieben Monate vor Kriegsende einen Teil ihrer Produktion nach Spaichingen verlegen wollte, gehört zur unrühmlichen Geschichte dieser Waffenschmiede.
Wolfgang Schmid führte die aufgeschlossene Klasse nach der Einführung in der Berufsschule zur Gedenktafel vor dem Martin-Lutherhaus und zu den sogenannten Stolpersteinen auf den Spuren der Leidenswege der Häftlinge. Dabei fröstelten die Schülerinnen und Schüler nicht nur wegen des eisigen Wetters, sondern auch wegen den Schilderungen über die Grausamkeiten der Nazischergen. Und anscheinend sei es vergleichsweise sehr menschenverachtend und grausam im Herzen der Kleinstadt zugegangen, denn die Todesrate sei vergleichsweise sehr hoch gewesen.
Übereinstimmend mit anderen Schülern meint Robert Koch am Rande der Exkursion, dass die Erinnerung an die schlimme Zeit auch für seine Generation sehr wichtig sei. Er sei schon in der Rupert-Mayer-Schule für dieses Thema sensibilisiert worden, weshalb er sich auch in seiner Freizeit über den Holocaust informiert habe.
Alessandro Palazzo aus Deilingen hat früher schon einiges über die „Wüstenlager“ in der näheren Umgebung im Unterricht der 9. Klasse in Gosheim-Wehingen erfahren. Er hat auch über den Leidensweg des Deilingers Pater Weinmann vieles gehört. Dass nun dieses Thema in der Erwin-Teufel-Schule hautnah und mit lokalem Bezug behandelt worden ist, findet er prima.
„Wir sind zwar nicht schuldig am grausamen Geschehen, doch das Thema geht uns trotzdem etwas an, denn das Erinnern soll eine Wiederholung verhindern“, meint der Spaichinger Gabriel Müller zur nachdenklich machenden Geschichtsstunde.